News_BTH_Gebenstorf_Wasserschloss_Haus_C_D_web
19. Juni 2025

Eine gute Arealentwicklung spinnt die Geschichte eines Ortes weiter

Brachliegende Industrieflächen und ungenutzte Areale in Ballungsgebieten – die Schweiz steht vor der Herausforderung, solche wertvollen Räume nutzbar zu machen. Doch wie verwandelt man vergessene Industriegelände in lebendige Wohnquartiere? «Fokus» sprach mit Ivo Läuppi, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Bautreuhand bei Markstein, über das Potenzial der Arealentwicklung.

Finanz & Wirtschaft: fokusbauplatzschweiz

Herr Läuppi, die Arealentwicklung bildet einen zentralen Pfeiler Ihrer Arbeit bei der Markstein AG. Von welcher Art von Flächen sprechen wir dabei genau?

Das ist sehr vielschichtig. Meistens geht es um Areale, die eine gewisse Komplexität aufweisen – oft sind es mehrere Gebäude, die ein Ensemble bilden. Häufig befinden sich diese Flächen am Rande von Ballungsgebieten, wo früher Industriebetriebe angesiedelt waren. Heute liegen diese Areale mehrheitlich brach. Es geht darum, das ungenutzte Potenzial solcher Flächen zu erkennen, zu aktivieren und deren Geschichte weiterzuschreiben.

Welchen Zweck verfolgt man mit einer Arealentwicklung?

Auch dies kann sich von Fall zu Fall im Detail unterscheiden. Generell streben wir an, einem Areal eine neue Bestimmung zu verleihen und ihm wieder Leben einzuhauchen. Das kann konkret bedeuten, dass wir mehr Wohnraum und Gewerbeflächen schaffen. Der zentrale Antrieb besteht für uns immer darin, einen Mehrwert für die Bevölkerung zu generieren.

Wie wird ein Areal konkret entwickelt und einer neuen Nutzung zugeführt?

Am Anfang jeder Arealentwicklung stehen die baurechtlichen Grundlagen: Zunächst wird geprüft, ob das Entwicklungsgebiet der geltenden Bau- und Zonenordnung entspricht. Bestehen die notwendigen Voraussetzungen bereits, kommt häufig das Instrument des Studienauftrags zum Einsatz. Damit werden wichtige städtebauliche Fragen geklärt, etwa zur angestrebten Dichte oder zur Einbettung der neuen Gebäude in den bestehenden Landschafts- und Stadtraum. Aus dem Studienauftrag entwickelt man ein sogenanntes Richtprojekt. Dieses dient vereinfacht gesagt als Grundlage für den Gestaltungsplan des Areals. Darauf folgt das Baubewilligungsverfahren. Bei dieser Aufzählung wird eines sofort klar: Viele komplexe Schritte sind notwendig, um eine ehemalige Industriebrache in einen neuen, lebendigen Hotspot zu verwandeln. Die Projekt- und Bearbeitungsdauer ist dementsprechend lang. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es sowohl beim Gestaltungsplan als auch im Baubewilligungsverfahren immer wieder die Möglichkeit für Einsprachen gibt. Dies steigert die Komplexität zusätzlich. Kurzum: Ein Arealentwicklungsprojekt kann Jahre in Anspruch nehmen. Aus diesem Grund sind Zwischennutzungen so wichtig.

Was versteht man unter einer Zwischennutzung – und wo liegen die Vorteile für die Beteiligten?

Man muss hier jeweils unterscheiden, ob es sich um eine Innen- oder Aussenzwischennutzung handelt. In beiden Fällen geht es aber vornehmlich darum, die vorhandene Fläche mit vergleichsweise wenig Aufwand zu bespielen – etwa indem man eine brachliegende Fläche für Streetfood-Festivals, Open-Air-Kinos oder Konzerte verwendet. Generell sind Gastronomie- und Kulturangebote in diesem Kontext sehr hilfreich, da sie leicht zu realisieren sind und Menschen begeistern. Ein ungenutzter Innenraum etwa lässt sich problemlos in eine Galerie umwandeln. Die Vorteile einer solchen Zwischennutzung sind vielfältig. Da sich die Projektbearbeitung über Jahre hinziehen kann, bietet diese zeitlich begrenzte Verwendung die perfekte Chance, um das Areal bekannt zu machen. Man kann also der Bevölkerung proaktiv die Pläne für die Zukunft näherbringen und mit dem Zwischennutzungsangebot bereits einen Mehrwert für sie schaffen. Damit überbrückt man Zeit, fördert den Austausch mit der Bevölkerung und kann wichtige Stakeholder begeistern. In der Zwischenzeit mahlen die administrativen Mühlen im Hintergrund weiter, bis dann hoffentlich die finale Umnutzung des Areals in Angriff genommen werden kann.

Besteht nicht die Gefahr, dass die Bevölkerung von der Zwischennutzung derart begeistert ist, dass sie der eigentlichen Projektumsetzung kritisch gegenübersteht?

Darum ist eine offene Kommunikation matchentscheidend. Man muss der Bevölkerung klar vermitteln, dass es sich hier um eine Zwischennutzung handelt, die zeitlich begrenzt ist, während parallel das definitive Projekt weiterentwickelt wird. Ebenfalls wichtig sind die finanziellen Aspekte der Zwischennutzung. Es handelt sich um eine Investition in die Zukunft. Die Zwischennutzung stellt einen Marketingauftritt dar und kein Projekt, mit dem man unbedingt Gewinn erzielen muss.

Wie begleitet die Markstein AG ihre Kundschaft bei der Entwicklung von Arealen?

Wir realisieren sowohl interne Projekte als auch solche für Drittkunden. Oftmals hat eine Investoren- oder Bauherrschaft eine Idee, wie man das brachliegende Areal umnutzen könnte. In den meisten Fällen geht es um eine Umnutzung zu Wohnungsbau. Je früher wir im Prozess eingebunden werden, desto besser können wir die Bauherrschaft mit unserer Erfahrung und unserem Know-how unterstützen. Wir stellen sicher, dass eine klare «Bestellung» formuliert wird, bevor Studienaufträge oder ähnliche Schritte eingeleitet werden. Dabei unterstützen wir die Bauherrschaft aktiv dabei, ihre Bestellerkompetenz zu schärfen.

Warum ist die Bestellerkompetenz so entscheidend?

Die Bestellung dient als essenzielle Auslegeordnung und hilft zu definieren, welche Art von Nutzung für das zukünftige Areal wirklich Sinn ergibt. Wir verfolgen dabei einen pragmatischen Ansatz: Zuerst erstellen wir eine Marktanalyse auf der Makro- und Mikroebene und kümmern uns um die diversen wirtschaftlichen Komponenten. Ist eine echte Nachfrage für das Areal und die geplante Nutzung gegeben? Danach definieren wir mit der Bauherrschaft zusammen das Zielpublikum. Wer soll zukünftig auf dem Areal leben? Auch die ESG-Themen, also die ökologischen, wirtschaftlichen sowie sozialen Aspekte von Nachhaltigkeit, berücksichtigen wir dabei. Auf diese Weise schärfen wir die Bestellung immer weiter und definieren sämtliche Parameter, bevor wir mit der Planung starten. Dadurch beugen wir unliebsamen Überraschungen vor und stellen sicher, dass der Behördengang so effizient wie möglich abläuft. Denn wenn man mitten im laufenden Prozess realisiert, dass entscheidende Faktoren nicht geklärt wurden, kann das im schlimmsten Fall bedeuten: zurück auf Feld eins.

Und im Rahmen dieser Zusammenarbeit beraten Sie die Bauherrschaft auch hinsichtlich Zwischennutzung?

So ist es. Wir berücksichtigen in der Planungsphase Aspekte wie Städtebau, Architektur, soziokulturelle sowie landschaftliche Auswirkungen. In diesem Kontext kann man dann die Zwischennutzung entsprechend aufsetzen. Eine präzise Bestellung ist auch da essenziell. Die Kosten dürfen nicht aus dem Ruder laufen, gleichzeitig müssen die behördlichen Vorgaben eingehalten werden. Durch eine enge Zusammenarbeit mit der Gemeinde entstehen oft gute und pragmatische Lösungen für eine temporäre Nutzung. Eine strategisch durchdachte Zwischennutzung bildet den Startschuss für die Vermarktung des Areals und richtet sich gezielt an die relevanten Zielgruppen.

Haben Sie ein Beispielprojekt im Sinn, bei dem all diese Aspekte optimal zusammengekommen sind?

Da fällt mir sofort das Projekt «Wasserschloss3» im Vogelsang-Quartier der Gemeinde Gebenstorf (AG) ein. Es handelt sich um ein spektakuläres Areal, an dem Aare, Reuss und Limmat zusammenfliessen. Das Wasserschloss ist ein in sich geschlossener Landschaftsraum, umgeben von einer inspirierenden Silhouette bestehender Industriebauten und faszinierender, unberührter Natur. Bis 2028 erschliessen wir auf rund 20 900 Quadratmetern bereits bebauter Fläche neuen Wohn- und Lebensraum. Durch den Erhalt von bestehenden Zeitzeugen wird die einzigartige Atmosphäre des ehemaligen Industriestandortes bewahrt. Viel Grün, Innenhöfe, Plätze und attraktiv gestalteter Aussenraum verleihen dem neuen Quartierteil eine neue Identität mit Industriecharakter. Schon heute finden auf dem Areal regelmässig Musikkonzerte statt und das Pop-up-Café Sato mit eigener Rösterei verwöhnt Ausflüglerinnen und Ausflügler auf dem Wasserschloss mit Kaffee und Kuchen. Für mich schafft eine gute Arealentwicklung praktischen Mehrwert und spinnt gleichzeitig die bestehende Geschichte eines Ortes mit neuen Fäden weiter.

Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Welche Themen werden für den Bereich Arealentwicklung künftig wichtig?

Aus meiner Sicht zeichnen sich zwei zentrale Entwicklungen ab. Erstens: der Mut zur Verdichtung. Hier haben wir in der Schweiz meines Erachtens noch grosses Potenzial. Hochhäuser beziehungsweise höhere Gebäude sind ein Mittel, um das knappe Gut «Boden» in der Schweiz effizient zu nutzen. In der Bevölkerung sind sie jedoch nach wie vor stark umstritten. Beim zweiten Punkt geht es um die Umwelt- und Ressourcenthematik. Wir müssen uns vertieft mit der Frage auseinandersetzen, wie wir den bestehenden Gebäudepark nachhaltiger (um)gestalten wollen. Dies zu schaffen und gleichzeitig den wichtigen Mehrwert für die Bevölkerung zu generieren, ist eine wesentliche Herausforderung in der Arealentwicklung. Eine, die uns immer wieder antreibt.

Ivo Läuppi,
Leiter Bautreuhand

«Generell streben wir an, einem Areal eine neue Bestimmung zu verleihen und ihm wieder Leben einzuhauchen.»

Der ehemalige Industriestandort im nördlichen Teil des Wasserschloss-Gebiets in Vogelsang soll bis 2030 qualitätsvoll transformiert werden und zukünftig identitätsstiftenden Wohn- und Lebensraum anbieten.

Ihre Ansprechperson

Ivo Laeuppi
Ivo
Läuppi

Leiter Bautreuhand
MAS in Real Estate Management
Dipl. Architekt FH

Möchten Sie mehr über das «Wasserschloss3» erfahren?

Gerne beantworte ich Ihre Fragen zu diesem spannenden Entwcklungsprojekt in Gebenstorf oder zu unseren umfassenden Dienstleistungen im Bautreuhand.

 

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Jetzt teilen: